Der Kosovo zu Zeiten der CO (1874-1913)

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Die Planung

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erwuchs der Wunsch, Österreich-Ungarn über Sarajevo, Novi Pazar, Mitrovica und Skopje mit Tessaloniki und dem dortigen Hafen unter Umgehung Serbiens
zu verbinden. Die Idee der Sandschakbahn war geboren. 1869 erhielt der in Bayern geborene Freiherr Moritz von Hirsch auf Gereuth  die Konzession für den Bau der Strecke, die von Pristina über Niš auch weiter bis Istanbul führen sollte.

Die Umsetzung

Um es vorweg zu nehmen: Die Sandschakbahn wurde nie fertiggestellt. Im Norden wurde Ende 1872 die Verbindung von Doberlin nach Banja Luka fertiggestellt. Im Süden wurde bis 1873 die Verbindung von Tessaloniki nach Skopje und 1874 weiter bis Mitrovica errichtet. Für den Betrieb auf der südlichen Strecke gründete von Hirsch, welcher sich nun Maurice de Hirsch nannte, die Chemins de Fer Orientaux (CO) mit Sitz in Paris.

Der Weiterbau scheiterte an politischen, wie auch finanziellen Gründen. Der österreichische Eisenbahnminister Heinrich von Wittek brachte zuletzt 1917 eine Streckenführung mit teilweise in bosnischer Schmalspur ausgeführter Bauweise und zwei Varianten durch den Sandschak Novi Pazar ins Gespräch. Hier war die bosnische Ostbahn Sarajevo - Uvac Teil der Planung, welche sich seit den Entscheidungen des Berliner Kongresses 1878 und der Annexion Bosniens 1908 unter Hoheit der k.u.k. Monarchie befand. Es kam hinzu, das letztere bereits über einen Unterbau verfügte, welcher eine Umspurung auf Normalspur begünstigte.

Mit dem Ende des ersten Weltkrieges wurde das Projekt Sandschak-Bahn zu den Akten gelegt.

Der Fahrzeugbestand


Dampfloks:

Genaue Daten der von der CO auf der Strecke (Thessaloniki - ) Skopje - Mitrovica eingesetzten Lokomotiven liegen nicht vor. Aus den Daten in "Istorija na železnicite vo Makedonija
" aus dem Eröffnungsjahr lässt sich folgende Tabelle zum Lokomotivpark erstellen:

Anzahl
Art
Achsanordnung
Hersteller
Aus Loknummern
3
Tenderlok
B
Kraus
405 - 408
5
Schlepptenderlok
C
Sigl
1 - 10
9
Schleptenderlok
C
Hanomag
11 - 54 bzw. 281 -300


CO 1 -54

Auch anhand von Bildern gesichert ist der Einsatz einiger der von 1871 bis 1875 bei Sigl (10 Stück) und Hanomag (44 Stück) gebauten CO Loks 1-54. Es handelte sich hierbei um C-Schlepptenderloks mit Außenrahmen, wie sie auch auf der Relation Banja Luka - Doberlin zum Einsatz kamen.

Neben drei Loks, welche später in Serbien (
SDŽ, bzw. SHS) und acht Loks, welche in der Türkei (TCDD) zum Einsatz kamen, sind auch 23 Loks nachgewiesen, welche bei der griechischen SEK als Δε 81-103 (ex CO 4-12,15,24,30-34,43,46,49 und 51-54) zum Einsatz kamen. Es ist anzunehmen, dass sich unter den letztgenannten auch die Loks der Strecke (Thes)Saloniki - Mitrovica befanden.



CO 281 - 300

Auch von einigen der 10 in den Jahren 1871 und 1875 von Hanomag gebauten C-Schlepptenderlokomotiven nach preußischem Vorbild mit Innenrahmen, von welchen 291 und 300 noch zur griechischen CFFH kamen, kann ein Einsatz auf der Strecke angenommen werden. Das Bild unten aus dem Jahr 1911 scheint zumindest diese beiden unterschiedlichen Loktypen mit Innen- und Außenrahmen zu zeigen.

Zeitgenössische Aufnahmen belegen den Einsatz der Sigl/Hanomag C-Kuppler auf der Strecke. Hier bringen zwei Lokomotiven Sultan Mehmed den V. im Jahr 1911 nach Pristina (heute Bahnhof Fushë Kosovë/Kosovo Polje).

CO 405 - 408

1874 beschaffte die CO bei Krauss (Fabr.-Nr. 379 - 382) vier B-Tenderloks. Eine davon lief später bei der TCDD als 22.51 (Fabr.-Nr. 380) und steht heute in Istanbul als Denkmal. Drei hingegen liefen später bei der griechischen SEK als Reihe Αα 2-4. Höchstwahrscheinlich sind dies die drei Loks der Strecke Saloniki - Mitrovica.


1880 waren nur noch insgesamt 16 Lokomotiven für die Strecke aufgeführt. 1888 waren es 18 Loks und zusätzlich drei Lokomotiven für die neue Stichstrecke Skopje - Vranje (Anschluss nach Serbien).

Schließt man vor 1912 gebaute Loks aus, welche bei der CO nur für bestimmte Zwecke/Strecken eingesetzt waren, kommen noch folgende Loks für die Mitrovica-Strecke in Betracht:


CO 101 - 116

Die von 1888 bis 1894 von der StEG (101-114 m. Stephenson-Steuerung) und Krauss (115 & 116, m. Heusinger-Steuerung) gebauten 2'B-Schlepptenderloks, waren später bei den griechischen CFFH, bzw. SEK im Einsatz. 106 & 111-114 (
Γβ 31-35) waren schon in den Balkankriegen 1912/1913 mit dem Verlust Thessalonikis an die SEK gegangen. Ob diese fünf Lokomotiven mit denen übereinstimmen, welche 1988 den Lokzuwachs von 16 auf insgesamt 21 Loks ausmachten, ist eine sehr vage Annahme, aber möglich. Erst ab diesem Jahr wäre auch ein Austausch zwischen den einzelnen Strecken der CO über das zu diesem Zeitpunkt bereits serbische Niš und bulgarische Sofia möglich gewesen.


Wohl die letzte Überlebende:
CO 102 alias CFFH 102 am 06.09.1953 in Alexandroupolis, fotografiert von A.E. "Dusty" Durrant. Bei der Übernahme der CFFH durch die SEK wurde sie zur
Δγ 76 im Gegensatz zu ihren Schwestern, welche dort vorher als Γβ 31-35 bezeichnet wurden. (Bildquelle: Wikipedia)




CO 404, 411 & 412

Nur aus Lieferlisten ergibt sich die Lieferung zweier B-Tenderloks in den Jahren 1872 (412) und 1874 (411) von Belg. Tubize mit den Fabriknummern 118 & 119.

Bei den beiden Lokomotiven könnte es sich um die selbe Bauart handeln, welche auch auf der Strecke Banja Luka - Doberlin zum Einsatz kamen (CO 401 - 404).  Eine der Loks von dort war übrigens bei der Besetzung Bosniens durch österreichische Truppen verschwunden. Es gibt Gerüchte, sie sei vergraben worden. Ein Jubiläums-Umschlag anläßlich des 140sten der Strecke zeigt eine dieser Loks. Hier ist auch nur noch von 401 - 403 die Rede. Andere Quellen berichten von einer der Tubize Maschinen als spätere SEK Αα 1 und beziehen sich hierbei auf die 404, was darauf schließen ließe, dass sie, wie auch 411 und 412 nicht in Banja Luka, sondern im Süden zum Einsatz gekommen ist. Eine andere Erklärung wäre natürlich, dass
Αα 1 vorher Lok 411 oder 412 war. In der o.g. Lokliste ist keine Tubize-Lok verzeichnet, sodass deren Einsatz auf der Strecke Saloniki - Mitrovica eher unwahrscheinlich ist.




Kriegsbedingt nicht mehr zum Einsatz kamen die:

CO 521 - 523


Während des ersten Balkankrieges 1912 stellten serbische Truppen auf dem Gebiet des heutigen Mazedonien mehrere Lokomotiven der CO sicher. Darunter befanden sich mindestens drei frisch angelieferte Borsig Schlepptenderloks der Achfolge 1'C (CO 521-523). Bevor sie zurückgegeben wurden, testete man sie und war von den Loks so überzeugt, dass man sie ähnlich nachbauen ließ (JZ-Baureihe 20). Es handelte sich hierbei um die 1912 bei Borsig gebauten Loks, die später bei der Griechischen Staatsbahn als EΓ 241 - 243 (Borsig 8179 - 8181) liefen.



Wagenpark:

Mit Eröffnung der Gesamtstrecke Saloniki - Skopje - Mitrovica war laut "Istorija na železnicite vo Makedonija" folgender Wagenbestand vorhanden:


Art
Ausführung
Sitzplätze
Anzahl
Gesamt
Personenwagen gebremst
1./2. Klasse
1. Klasse gesamt 72
2. Klasse gesamt 368
19
43
Personenwagen ungebremst
3. Klasse
gesamt 1270
24
Güterwagen
geschlossen
./.
244
336
Güterwagen
Viehtransport
./.
45
Güterwagen offen ./. 47


Der Betrieb

Ein Fahrplan aus der Zeit der CO weist für die Strecke Skopje-Mitrovica folgende Fahrzeiten aus:

07:40 Uhr
Skopje
12:45 Uhr
08:47 Uhr
Hani i Elezit
12:01 Uhr
09:42 Uhr
Kacanik
11:24 Uhr
10:52 Uhr
Ferizaj
10:37 Uhr
11:45 Uhr
Lipjan
09:36 Uhr
12:37 Uhr
Pristina (Bhf. Kosovo Polje)
08:41 Uhr
13:23 Uhr
Vucitrn/Vushtrri
07:47 Uhr
13:40 Uhr
Mitrovica
07:25 Uhr
6 Stunden 0 Minuten

5 Stunden 20 Minuten

Die Bauausführung der Gesamtlinie entsprach laut Paul Dehn eher der einer Lokalbahn, als der einer internationalen Verbindung. In "Deutschland und die Orientbahnen" (1883)  unterstellt er Hirsch, von den konzessionierten Strecken nur die einfachsten und diese in billiger Bauweise erstellt zu haben, um seinen eigenen Gewinn zu maximieren. Als 1888 entgegen den Wünschen der türkischen Regierung der Anschluss der Strecke an das internationale Netz über  Vranje nach Skopje erfolgte, wurde zumindest die Teilstrecke Skopje - Mitrovica tatsächlich eine lokale Stichstrecke ohne internationale Bedeutung.

Bilder von Sultan Abdul Hamid II

Vor 1900 bereiste Sultan Abdul Hamid der II. die Strecke Skopje - Mitrovica. Aus der Sammlung seiner Bilder bei der Universität Istanbul stammen die folgenden Aufnahmen:



Übersicht des Bahnhofs Üsküp (Skopje)


Die Strecke entlang Kacanik


Reges Treiben am Bahnhof Ferizovis (Ferizaj/Uroševac)


Der Bahnhof Pristina außerhalb der Stadt, nördlich des heutigen Bahnhofs Fushë Kosovë/Kosovo Polje
beim heutigen Kastriot (srb. Obilić) gelegen


Der Bahnhof Mitrovica ein gutes Stück außerhalb der Stadt und abseits des heutigen Bahnhofs

Der albanische Aufstand

Zu Beginn des 20.Jahrhundert verstärkten sich die albanischen Unabhängigkeitsbestrebungen. Ab 1906 kam es immer wieder zu vereinzelten Anschlägen. Hinzu kamen die Bestrebungen junger Türken, das osmanische Reich in eine konstitutionelle Monrchie umzuwandeln. Bald glich der südliche Balkan einer Bürgerkriegsgegend. 1909 kam es zu einem kleineren Aufstand gegen die osmanische Herrschaft, welche dort mittlerweile mit einem harten Militärregime aufrat.Aus diesem Jahr stammt der folgende Zeitungsausschnitt, der einen Militärzug zeigt, der von Aufständischen zwischen Skopje und Eleshan (heute Hani i Elezit) zum Entgleisen gebracht worden war.



1910 revoltierten Albaner um Isa Boletini erneut gegen die osmanische Regierung. Dreh-und Angelpunkt war die Schlucht bei Kacanik durch welche die Eisenbahnlinie Skopje - Mitrovica führt. Die Aufständischen blockierten die Strecke und stoppten einen Zug, welcher osmanische Truppen und Ausrüstung transportierte. Die Soldaten wurden entwaffnet und die Ausrüstung fiel den Albanern in die Hände. Erst mit einem massiven Aufmarsch von 40.000 Soldaten konnten die Osmanen die Schlucht zurückerobern.

Am 07. Mai 1910 wurde in der französischen Zeitung L'Illustration ausführlich über die Blockade der Bahnlinie berichtet. Hier zwei Bilder aus dem Artikel:






Mit den Balkankriegen 1912/1913 fielen der Kosovo und das heutige Mazedonien in den serbischen Einflussbereich und somit war auch das Ende der CO auf der Strecke faktisch besiegelt. Österreich-Ungarn hatte vor dem Sieg gegen die Türkei zwar noch 51% der CO aufgekauft, um Einfluss auf das Transportgeschehen im nun serbischen Gebiet geltend zu machen. Letztlich musste die Türkei jedoch im Juli 1914 einem Verkauf der Strecken an Serbien zustimmen, womit die Betriebsführung durch die CO ebenfalls endete.